Hallo alle,
offensichtlich hat ein Artikel auf Heise.de für Wirbel gesorgt, und für die neu hinzugekommenen hier erstmal die Geschichte von Anfang an:
2003 hat Bullspress, die Agentur, mit der ich einen Vertrag über die Lizensierung meiner Cartoons habe, über eine Anwaltskanzlei mehrere Webmaster beklagt, welche einige hundert meiner Cartoons ohne anzufragen ins Netz gestellt hatten (auf der Seite des Spitzenreiters waren das 606 Stück, ziemlich genau die Hälfte meines damaligen Lebenswerks). Einige der Seiten waren mit Werbebannern versehen, es wurde also mit meiner Arbeit Geld verdient, andere Seiten verstanden sich als Fan-Sites ohne kommerziellen Charakter (dazu sei an dieser Stelle mal ganz am Rande gefragt, warum sich die Betreiber von Fan-Sites nicht als erstes mit dem Autor in Verbindung gesetzt haben).
Drei dieser Fälle gingen vor Gericht mit dem Ergebnis, daß Bulls in allen Fällen grundsätzlich Recht bekam, jedoch wurden die Lizenzforderungen den Vermögensverhältnissen der Beklagten angepaßt, schließlich würden Richter im allgemeinen niemanden wegen einer unüberlegten Dummheit in die persönliche Insolvenz treiben (zudem gestanden die Richter den Beklagten einen Mengenrabatt zu).
Nun blieben aus unterschiedlichen Gründen vier Fälle offen, bis die Beklagten vor kurzem eine weitere Zahlungsaufforderung bekamen. Daraufhin veröffentlichte Heise.de einen Artikel, welcher auf Informationen des Anwalts eines der Beklagten beruht (zufällig ist jener Anwalt auch für Heise tätig), somit war der Artikel sehr einseitig verfaßt (bei flüchtigem lesen könnte man den Artikel so auffassen, als hätte ich dem betroffenen Webmaster zunächst die Veröffentlichung von 365 Cartoons erlaubt, um ihn später abzumahnen).
Die vermeintlichen Freibriefe, mit denen der Heise-Autor die massiven Urheberrechtsverletzungen zu rechtfertigen versucht, sind zum einen ein Briefwechsel, den ich mit dem Webmaster von fun-pages.de führte und in welchem ich ihm die Verwendung einiger weniger Cartoons ganz unbürokratisch zugesagt hatte. Man muß nicht besonders schlau sein, um aus diesen Texten zu folgern, daß es sich erstens um einen individuellen Briefwechsel handelt, der sich ausschließlich auf die fun-pages bezieht, und daß es zweitens problemlos möglich ist, mit mir über solche Anliegen zu kommunizieren. Wenn mich der Heise-Autor nun auf diese Äußerungen festnagelt, dann muß ich davon ausgehen, daß der Beklagte diese Texte kannte, bevor er 365 meiner Cartoons ins Netz stellte. Warum also ist er dann nicht auf die Idee gekommen, mich selbst mal zu fragen?
Der zweite Link im Heise-Artikel gibt die inzwischen aktualisierte Link-Seite meiner Homepage wieder. Hier weise ich darauf hin, daß sich kommerzielle Interessenten bitte an Bulls wenden mögen. Grund für diesen Hinweis war, daß ich viele Veröffentlichungsanfragen sowohl kommerzieller als auch privater Natur bekam, die ich auf diese Weise kanalisieren wollte - ich bin davon ausgegangen, daß sich private Nutzer weiterhin mit mir in Verbindung setzen. Auch wenn ich das nicht explizit erwähnt hatte, kann der Hinweis auf Bulls im Falle einer kommerziellen Verwertung nicht als Freibrief gewertet werden, meine Cartoons in unbegrenzter Anzahl ohne zu fragen auf nichtkommerzielle Seiten zu stellen.
An dieser Stelle nochmal etwas grundsätzliches zum Thema Urheberrecht: gäbe es keine Möglichkeit zum Schutz desselben, könnte ich jeden meiner Cartoons nach der Erstveröffentlichung in die Tonne treten und müßte mir einen anderen Beruf suchen, um meine Familie zu ernähren.
Daß die unerlaubte Veröffentlichung fremden geistigen Eigentums zu kommerziellen Zwecken nicht rechtens ist, dürfte für alle außer Frage stehen. Offensichtlich scheinen aber viele ein Problem damit zu haben, daß hier auch Betreiber nichtkommerzieller Seiten beklagt wurden. Es mag ja tatsächlich so sein, daß der Betreiber einer werbefreien Seite keinen kommerziellen Nutzen aus der Veröffentlichung meiner Cartoons zieht. Trotzdem richtet er damit Schaden an, selbst wenn es sich um eine so genannte Fan-Site handelt. Stellen wir uns mal einen Perscheid-Fan-Shop vor, welcher Fotokopien meiner Cartoons verschenkt. Der zieht da persönlich keinen kommerziellen Nutzen draus, trotzdem schadet er dem Händler, der nebenan meine Postkarten verkauft. Und web.de zahlt nun mal für das Recht, meine Cartoons im Netz veröffentlichen zu dürfen - da kann es doch nicht sein, daß ein anderer 606 Perscheid-Cartoons gratis ins Netz stellt, oder?
Was nun vor allem für Empörung gesorgt hatte, war die Höhe der Lizenzforderungen, mit welchen sich die Beklagten konfrontiert sahen. Doch wie eingangs erwähnt sind die Forderungen im allgemeinen nicht die Beträge, die am Ende gezahlt werden, zudem hat ein Teil der Betroffenen zwischenzeitlich Kontakt mit mir aufgenommen, und wir arbeiten daran, eine Lösung finden, mit der alle leben können.
Abschließend möchte ich den Internetmoralisten, Vireneinschleusern und Bücherverbrennern noch mit auf den Weg geben, daß man vielleicht nicht jede Meldung, die man liest, kritiklos hinnehmen sollte, ohne eine zweite Meinung einzuholen - ihr laßt euch doch schließlich auch nicht von der Bild-Zeitung als Empörungsmaschinen instrumentalisieren :-)
Ich hoffe, daß ich damit die meisten Fragen klären konnte. Leider muß ich jetzt schließen, weil ich noch ein weißes Reh erschießen muß.
Auf mein Anraten hin hat sich BullsPress inzwischen (das heißt, vor zwei Jahren) mit Peter F. wie auch den anderen Homepagebetreibern geeinigt, es waren also am Ende 1 Euro pro ungefragt veröffentlichten Cartoon zu zahlen. Das dürfte dem anonymen guten Freund "hob", den Peter F. bei Heise hat, auch seit 2007 bekannt sein, offensichtlich war das aber bislang kein Grund für ihn, besagten Artikel zu aktualisieren. Schade eigentlich.